Es gibt unendlich viel wissenschaftliche Erkenntnisse zur Intuition. Es ist ein faszinierendes Phänomen, an dem Wissenschaftler seit vielen Jahren forschen.
Ein interessanter Artikel mit den wichtigsten (allgemeinverständlich erklärten) Fakten dazu veröffentlichte das Focus Magazin (siehe unter «Executive Summary»).
Wissenschaftler aus aller Welt bestätigen – Intuition funktioniert schnell, mühelos und ist trainierbar.
US-Autor Malcolm Gladwell schreibt in seinem Bestseller: «…In einem Wimpernschlag entfalten sich schnelle, intuitive Entscheidungen – oft mit besserem Ergebnis als durch langes inneres Räsonieren die Macht des Denkens ohne nachzudenken…»
Berühmte Pianisten beweisen: Der Mensch ist schneller, als er denkt. Sie spielen Noten flinker als sie ihr Gehirn erfassen kann.
Spitzensportler praktizieren Intuition am erfolgreichsten.
Neurowissenschaftler spüren immer mehr hoch wache Sensoren im Gehirn auf, die fortwährend nach emotionalen Botschaften aus der Umwelt spähen. So kennen wir den Gefühlswert eines Wortes 200 Millisekunden (zwei Wimpernschläge), nachdem es gefallen ist – lange bevor wir dessen faktische Bedeutung abrufen oder über seinen Sinn nachdenken können.
Für Albert Einstein war „Intuition alles, was wirklich zählt».
Carl Gustav Jung fand heraus, dass Gefühle klüger sein können als der Intellekt und Intuition schneller ist als der analytische Verstand.
„Gefühle“, schloss Antonio Damasio, US-Neurowissenschaftler von der University of Iowa „sind als Basis für Intuition und damit gute Entscheidungen unentbehrlich».
Die schnelle Intelligenz der Intuition konnte Markus Raab (Kognitionsforscher von der Universität Flensburg) durchleuchten – zumindest beim Handball.
Forscher um Kirsten Volz vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig wollten wissen: Wählt das Gehirn nach Bekanntheitsgrad aus, oder rechnet es sein Teilwissen so um, dass der Bekanntheitsgrad das Ergebnis ist? Faszinierende Antwort: Das Gehirn kalkuliert, und zwar ohne dass uns dies bewusst ist innerhalb weniger Millisekunden.
Insgesamt wird Intuition als trainierbare Begabung bestätigt und dass jeder Mensch sich die
ungeheuerliche Wirkungskraft seiner Intuition erschliessen kann.
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Konkrete Anleitungen dafür finden Sie hier:
«HIRNFORSCHUNG» – Die Macht der Intuition
Neueste Befunde zeigen: Die Gefühle des Menschen sind oft klüger als seine Vernunft. Wie Emotionen unsere Entscheidungen beeinflussen – ohne dass wir es bemerken
Wenn sich die Handballhünen auf Henning Fritz stürzen, bleibt ihm keine Zeit zum Überlegen. Der Ball schießt mit bis zu 110 Kilometern pro Stunde auf das von Fritz bewachte Tor. Warum der Arm hochschnellt oder das Bein wie ein Florett zuckt und die Lederkugel ablenkt, kann sich der 30-Jährige oft selbst nicht genau erklären. „Das ist keine Frage der Reaktion“, meint der deutsche Nationaltorhüter und Welthandballer des Jahres 2004, „sondern Intuition.“ Fritz sublime Fähigkeit, ohne nachzudenken das Richtige zu tun, bringt seine Gegner zur Verzweiflung. Auch Wirtschaftslenker, Staatsmänner, Komponisten oder Komödianten nutzen nahezu täglich die scheinbar magische Kraft der intuitiven Entscheidung. Überhaupt muss jeder Mensch in gewissen Situationen auf die Kraft seiner Eingebungen bauen.
Ist sie die Richtige fürs Leben? Soll man auf Rohstoffzertifikate setzen? Die Abkürzung über den Bahnhof nehmen? Die Bundestagswahlen vorziehen oder gleich zurücktreten? Nicht etwa wohlüberlegte Vernunft führt bei vielen Entscheidungen die Regie, sondern eine wundersame Kraft aus dem Unbewussten gibt uns häufig den letzten Kick, etwas zu tun oder es zu lassen. Psychologen, Hirnforscher und Philosophen ergründen die Quellen der Intuition. Sie entdeckten, wo die Entscheidungsinstanz im Gehirn verankert ist, was sie beeinflusst und dass es sich nicht etwa um ein göttliches Geschenk handelt, sondern um einen Lernprozess. Wissenschaftliche Studien können die Überlegenheit der Eingebung in vielen kniffligen Fragen belegen, aber auch ihr permanentes Versagen – sonst wäre die Welt voller Lotto-Millionäre und arbeitsloser Scheidungsanwälte. Das Faszinierende an der Intuition, findet der Kognitionsforscher und Nobelpreisträger Daniel Kahneman von der Princeton University, ist, dass sie so „schnell und mühelos“ funktioniert. Ganz im Gegensatz zu den anstrengenden und langsamen logischen Denkprozessen der linken Hirnhälfte, konzentrieren sich die intuitiven Geistesblitze eher rechts – sowie im Bauch. Denn das um den Verdauungstrakt angeordnete Nervengeflecht liefert nicht unerheblichen Beistand, wenn komplexe Probleme nach einem fixen Entschluss verlangen.
Dass Rational-Fetischisten, die sich besonders lange in rekordverdächtigen Aktenstapeln vergraben, weniger erfolgreich sind, behauptet der US-Autor Malcolm Gladwell. In seinem Bestseller „Blink – The Power of Thinking without Thinking“* beschreibt er „die Macht des Denkens ohne nachzudenken“. In einem Wimpernschlag entfalten sich, so Gladwells Botschaft, schnelle, intuitive Entscheidungen – oft mit besserem Ergebnis als durch langes inneres Räsonieren: Dem Getty-Museum in Kalifornien war 1983 für zehn Millionen Dollar eine über zwei Meter große antike griechischeStatue angeboten worden. Monatelang untersuchten Wissenschaftler die Plastik mit den aufwändigsten High-Tech-Methoden und bestätigten zunächst deren Echtheit. Doch drei erfahrene Kunsthistoriker äußerten spontan Zweifel: Einem erschienen die Fingernägel seltsam, eine Kollegin beschlich ein komisches Gefühl. Dem Dritten kam spontan das Wort „frisch“ in den Sinn – „nicht das, was einem beim Anblick einer antiken Figur einfallen sollte“, schreibt Gladwell lakonisch. Den 10-Millionen-Dollar-Kauf entlarvten die Experten auf Grund ihrer Eingebung als Fälschung – und nicht etwa mit Hilfe der systematischen Analysen.
Die Evolution eichte uns darauf, rasch zu einem Urteil zu kommen und trotz unsicherer Ausgangslage, Fehlinterpretationen und vorschnelle Urteile zu akzeptieren. „Dem Gehirn kommt es darauf an, die Variablen zu bewerten, die dem Überleben dienlich sind. Es ist wichtig, dabei so schnell wie möglich zu sein“, erklärt Wolf Singer, Direktor am Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt/Main.
Der Mensch ist schneller, als er denkt. Pianisten spielen Noten oft flinker, als sie die Noten erfassen können. Sie lassen nur ihren Fingern freien Lauf. Ein Profisprinter verlässt den Block 120 Millisekunden nach dem Startschuss (etwa die Dauer eines Wimpernschlags). Den Knall kann er somit erst bewusst hören, wenn er bereits unterwegs ist.
Neurowissenschaftler spüren immer mehr hoch wache Sensoren im Gehirn auf, die fortwährend nach emotionalen Botschaften aus der Umwelt spähen. So kennen wir den Gefühlswert eines Wortes 200 Millisekunden (zwei Wimpernschläge), nachdem es gefallen ist – lange bevor wir dessen faktische Bedeutung abrufen oder über seinen Sinn nachdenken können. Ein Patient erkannte nach mehreren Schlaganfällen seine Familienangehörigen und Freunde nicht wieder. Er konnte jedoch rasch und sicher zuordnen, ob die Gesichter fröhlich, wütend oder traurig blickten.
Albert Einstein erschloss die spezielle Relativitätstheorie nach eigener Auskunft weitgehend intuitiv und huldigte der rätselhaften Kraft noch als „heiliges Geschenk“. „Intuition“, so meinte der Physiker, „ist alles, was wirklich zählt.“ Und Freud-Schüler Carl Gustav Jung nannte Denken und Fühlen, Empfinden und „Intuieren“ als diejenigen psychischen Funktionen, mit deren Hilfe sich der Mensch Wissen aneigne. Aber dass Gefühle selbst dann klüger sein können als der Intellekt, wenn es um Logik geht, hätte ihn überrascht.
Antonio Damasio, US-Neurowissenschaftler von der University of Iowa, ersann einen pfiffigen Versuch mit Kartenstapeln, mit dessen Hilfe er erstmals belegen konnte, wie stark unbewusste Gefühle die Entscheidungen des Menschen bestimmen.
Damasio stellte Probanden die Aufgabe, nach Belieben von vier verschiedenen Stapeln Spielkarten zu ziehen. Was sie nicht wussten: Jeder Zug konnte entweder einen finanziellen Gewinn oder einen Verlust bringen – je nachdem, welchem Stapel sich die Teilnehmer zuwandten. Zwei waren mit 100 Dollar dotiert, die anderen beiden mit 50 Dollar. In der Summe war es jedoch vorteilhafter, dem 50-Dollar-Haufen den Vorzug zu geben, da hier auch die Verluste geringer ausfielen. Während die Probanden zogen, maß Damasio deren Hautwiderstand, um über die Schweißproduktion ihre Anteilnahme zu ermitteln.
Bereits kurz vor einem Zug stieg der Schweißausstoß beim Zugriff auf den risikoreicheren 100-Dollar-Stapel am stärksten an. Erstaunlicherweise in einer Phase des Spiels, als die Probanden das unterschiedliche Risiko der vier Stapel noch nicht mit Worten hätten beschreiben können. Irgendwo im Unterbewusstsein muss also ein schlauer Statistiker stecken, der schneller als der analytische Verstand erkennt, welcher Stapel das größte Risiko birgt. „Gefühle“, schloss Damasio, „sind für gute Entscheidungen unentbehrlich.“
Angeregt von den Karten-Versuchen und Erfahrungen mit Patienten, entwickelte Damasio die Theorie der „somatischen Marker“: Von Geburt an – manche glauben, schon vorher – bewertet der Mensch alle Erlebnisse und legt sie im Gehirn als positiv oder negativ ab. So entsteht im Lauf des Lebens ein Erfahrungsgedächtnis, eine duale Landkarte des Anzustrebenden und zu Vermeidenden.
Das System arbeitet unbewusst, es ist schnell und bildet den Fundus für die intuitiven Schnellschüsse. Noch bevor wir denken können, teilt uns das Erfahrungsgedächtnis mit, was es von einer Wahl hält. „Nach 200 Millisekunden ist die Bewertung da: Hui oder Pfui“, beschreibt es Maja Storch, Psychotherapeutin an der Universität Zürich.
Saftiger Schweinebraten oder frugaler Hirtensalat, Rock oder Hose, blond oder brünett? Das „Bauchgefühl“ hat längst gesprochen. Betreten wir einen Raum, sagt uns „die Nase“ im gleichen Augenblick, ob drinnen Feinde sitzen. Wollen wir eine Immobilie kaufen, und unser Körper schlägt kurz vor der Unterschrift mit Schwitzen oder Kloß im Hals Alarm, sollten wir die Finger davon lassen. „Gefühle prägen unsere gesamte Existenz als eine Art kondensierte Lebenserfahrung“, erklärt Damasio.
Die schnelle Intelligenz der Intuition konnte Markus Raab durchleuchten – zumindest beim Handball. Der Kognitionsforscher von der Universität Flensburg zeigte Spielern Szenen aus echten Partien und ließ sie darüber befinden, ob sie passen, dribbeln oder lieber verzögern wollten. Ergebnis: Die Experten entschieden sich schnell, innerhalb weniger Millisekunden. „Je mehr ich ein Experte werde“, beschreibt Raab den intuitiven Lerneffekt, „ je älter ich bin, je mehr Trainingserfahrung ich habe, umso häufiger wähle ich die erste Entscheidung und denke gar nicht mehr darüber nach.“ Dass brasilianischeFußballer im Test besonders gut abschnitten, scheint als südamerikanische Sonderbegabung eine wissenschaftliche Bestätigung erfahren zu haben.
Insgesamt stellt sich Intuition als trainierbare Begabung dar, die nur teilweise genetisch fixiert ist, vor allem aber mit dem Erfahrungsschatz steigt, weil man dann eher auf die spontan richtige Entscheidung vertraut als ein Grünschnabel. Deshalb gehört auch für den Weltklassetorwart Henning Fritz die Videoanalyse der gegnerischen Werfer zur Vorbereitung. „Erst durch dieses Wissen mache ich im Spiel auch intuitiv das Richtige“, ist sich der Handballer sicher. Computertomographien des Gehirns zeigen: Wenn ein Anfänger zum Experten wird, verlagert sich der Schwerpunkt der Informationsverarbeitung im Denkorgan. „Ein Novize – sei es ein Musiker, ein Taxifahrer oder ein Ornithologe – wird die rechte Gehirnhälfte benutzen, ein Experte die linke“, berichtet Elkhonon Goldberg, Neurologe an der New YorkUniversity (s. Interview S. 84).
Die Weisheit der Gefühle ist immer mit von der Partie. Meist folgt sie dem Lustprinzip. „Wir treffen Entscheidungen primär, um unser Wohlergehen zu maximieren“, erklärt Henning Scheich vom Leipniz-Institut für Neurobiologie in Magdeburg. Das Belohnungssystem des Körpers ist ständig zur Stelle. Das limbische System stimmt uns euphorisch, wenn wir zum Beispiel Süßes naschen, einen besonders schönen Dichtersatz lesen oder ein mathematisches Aha-Erlebnis haben. Kurzfristig schütten Nervenzellen das Glückshormon Dopamin aus, den „G-Punkt des Gehirns“, wie Forscher witzeln. Denn es steigert die Lust, und wir wollen das eben Erlebte wiederholen – die nächste Matheformel, den nächsten Schluck Wein. Wer sich über Melodien freut, wird die Mühen auf sich nehmen, ein Instrument zu lernen. Wer mit Wonne schraubend unterm Auto liegt, wird den Geruch der Schmiere lieben lernen.
Intuitiv falsch? Doch ist das Leben bekanntlich keine unendliche, von Hormonen befeuerte Glücksspirale, die Vernunft weit mehr als ein langweiliger Liebestöter und Intuition keine unfehlbare Chefinstanz.
Der PhilosophImmanuel Kant vermutete, dass das „menschliche Denken nicht intuitiv ist, sondern diskursiv“. Intuition wird auch heute noch oftmals romantisch verklärt oder in falschem Zusammenhang gebraucht. „Die Leute sprechen immer dann von einer intuitiven Entscheidung, wenn es eine richtige Entscheidung war“, räumt der Börsenprofi Joachim Goldberg ein. Der Geschäftsführer der Firma Cognitrend hält die spontane Eingebung in Fragen der Geldanlage oft für einen schlechten Berater. „Das Bauchgefühl beruht meist nur auf alten Erfahrungen“, bemängelt er. „Damit haben schon viele Menschen ihr Vermögen verspielt.“
Die Empfehlung des Börsenexperten: Man sollte sich lieber vor Investitionen einen Plan machen, der auch festschreibt, wie man mit Verlusten umgeht. Denn ohne einen solchen Plan, so Goldbergs Erfahrung, „neigen Börsianer dazu, sich Gewinne sofort auszahlen zu lassen und Verluste ewig auszusitzen“.
Ähnlich nüchtern raten Familienrechtler selbst den frisch verliebtesten Paaren zu einem Ehevertrag. Denn auch im zwischenmenschlichen Bereich weisen uns Emotionen nicht automatisch den richtigen Weg – sie können Konflikte schüren wie Kerosin ein Feuer. Beim Löschen hilft nur kühle Vernunft. Dusselige Gefühlsfetzen im Gedächtnis führen uns sogar vorsätzlich in die Irre, erzählt Psychologin Storch. Hatte jemand als Kind häufiger Ärger mit einem rothaarigen Klassenkameraden, werden die „somatischen Marker“ Alarm schlagen, wenn ein Rotschopf im Büro aufkreuzt. Selbst wenn er sympathisch auftritt oder überzeugend argumentiert – der erste Eindruck ist negativ belegt. Storch hat auf Grund ihrer langen Erfahrung ein Training entwickelt, wie man lernen kann, Fehlsignale zu beherrschen und auch dann ausgewogen zu entscheiden, wenn sich Vernunft und Gefühl widersprechen (s. Kasten S. 80).
Buchautor Gladwell nennt weitere Beispiele, wie Intuition aufs Glatteis führen kann. So wurde Warren Harding von 1921 bis 1923 der 29. Präsident der USA, weil er als stattlicher Mann alles verkörperte, was man sich von einem Staatenlenker erwartete. Später ging er als „schlechtester“ Präsident der USA in die Geschichte ein. Intuitiv war er für die Massen die richtige Wahl – aber nüchtern betrachtet, sah er nur so aus wie ein Präsident.
Vom Dirigenten Sergiu Celibidache ist überliefert, dass er sich bei einem Vorspieltermin der Blechbläser sicher war, den richtigen Mann auserwählt zu haben. In Wirklichkeit handelte es sich jedoch um eine Posaunistin – sie blies hinter einem Schirm. Als der Maestro sie sah, wollte er die Musikerin plötzlich nicht mehr einstellen.
Allzu oft schält sich die intuitive Entscheidung aus einem Halbwissen. In legendären Versuchen konnte der Berliner Max-Planck-Direktor Gerd Gigerenzer nachweisen, dass Laien an der Börse besser abschneiden können als Profis. Erstere brauchten sich nur nach der trivialen Regel zu richten: „Kaufe die Firma, die du kennst.“
Dieselbe Heuristik, das ist sozusagen die Wissenschaft des Problemlösens, wenden zwei Drittel der Deutschen intuitiv richtig an, wenn sie gefragt werden, welche der beiden US-Städte San Diego oder San Antonio mehr Einwohner habe. Wer es nicht weiß und zum Beispiel bei Günther Jauch auf die bekanntere tippt (San Diego), gewinnt.
Aber wie arbeitet das Gehirn beim Millionen-Quiz? Das wollten Forscher um Kirsten Volz vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig wissen: Wählt es nach Bekanntheitsgrad aus, oder rechnet es sein Teilwissen so um, dass der Bekanntheitsgrad das Ergebnis ist? Faszinierende Antwort: Das Gehirn kalkuliert, und zwar ohne dass uns dies bewusst ist. Wenn Probanden Städtepaare nach dem obigen Muster begutachteten, waren nicht nur Areale für das Wiedererkennen aktiv, sondern auch solche, die abstrakte Informationen verrechnen. Mit anderen Worten: Heuristiken sind nicht nur simple Verhaltensregeln, um in einer komplizierten Welt zurechtzukommen, sondern das Gehirn produziert sie, um damit zu entscheiden.
Eine Kostprobe ihrer intuitiven und rationalen Begabung lieferte Heide Simonis, die ehemalige Ministerpräsidentin Schleswig-Holsteins, beim Prominenten-Special von „Wer wird Millionär?“. Mehrfach vertraute die 61-Jährige blind auf ihre Eingebungen. Auch gegen die Ratschläge des Telefon-Jokers und die Hilfe des Studiopublikums erkämpfte sie die 500000-Euro-Hürde und jubelte: „Meinen Instinkt verkaufe ich um nichts auf der Welt!“ Bei der abschließenden Millionen-Frage aus der Botanik fühlte sich die SPD-Politikerin jedoch überfordert und stieg – ganz Vernunftmensch und ohne eine Gefühlsregung – einfach aus.
Spielzüge im Sport
Nationaltorhüter Henning Fritz erahnt intuitiv, welche Ecke der Werfer wählt.
Die Augenbewegungen zeigen:
Stehen erfahrene Spieler vor der Wahl, welcher Zug in einer Situation der beste ist, entscheiden sie schneller als Anfänger. Zudem ziehen sie weniger Optionen in Betracht und wählen intuitiv die richtige. Anfänger beschäftigen sich mehr mit verschiedenen Optionen.
Wie das Gehirn die Wahl trifft
Wenn der Mensch sich entscheidet, ist ein weit reichendes Netzwerk an Zentren in der grauen Masse beschäftigt. Hier einige der beteiligten Strukturen:
Entscheidende Zentren
Der mediale präfrontale Kortex ist aktiv bei Entscheidungen, z.B. Problemlösen, Strategiefindung. Im limbischen System bewertet die Amygdala emotionale Signale, der Hippocampus sorgt für die Abspeicherung dieser Bewertungen. In Teilen des Striatums laufen Erregungen aus limbischem System und Mittelhirn ein und führen zu Erfolgserlebnissen. Der orbitofrontale Kortex steuert langfristige Denk- und Verhaltensmuster.
Fundiertes Raten
Richtige Intuition bringt im TV-Quiz Millionen – das Gehirn beherrscht sie.
Sollen Probanden etwa raten,
welche Stadt die größere ist, erarbeitet das Gehirn in Windeseile die Entscheidungsregel. Beleg: Im Hirn-Scan (rechts) sind Bereiche aktiv, die abstrakte Informationen auslesen und berechnen. Fachbegriffe: (1) frontaler Kortex; (2) Präcuneus.
Autokauf
Sind scharfe, schnelle Schlitten „geil“? Unbedingt, sagt das Gehirn.
Im Vergleich zu Kleinwagen
und Limousinen aktivierte der Anblick von Sportwagen bei Männern das Belohnungssystem (es funkt übrigens auch beim Anblick attraktiver Frauen). Im Hirn-Scan rechts zeigte sich Aktivität im so genannten Striatum (Kreis). Es bewertet den möglichen Lustgewinn.
Moralisches Dilemma
Helfen oder doch lieber in Sicherheit bleiben? Das Gehirn ringt mit sich.
Legten Forscher Probanden
im Labor eine schwierige moralische Frage vor, offenbarte der Hirn-Scan (r.) das ganze Dilemma: Region (1) entdeckte einen Handlungskonflikt, Region (2) fragte nach dem persönlichen Nutzen, und Region (3) wägte das persönliche Risiko ab.
Lernen, auf das Bauchgefühl zu hören
Die innere Motivation, bei wichtigen Entscheidungen um Rat zu fragen, lässt sich durch Training üben. Hier das Kurzprogramm der Psychologin Maja Storch:
Manche Menschen hören intuitiv auf ihre Gefühle, wenn wichtige Entscheidungen anstehen. Andere haben weniger Zugang zu ihrem „Bauchgefühl“, der „inneren Stimme“ oder, wie Maja Storch von der Universität Zürich es fachlich ausdrücken würde: dem emotionalen Erfahrungsgedächtnis. Die Folge sind oft unlösbare Konflikte, denn die Intuition bildet unsere gesammelte Lebenserfahrung und kann, so die Psychologin, „ungeheuerliche Wirkungskraft entfalten“. Sie ist der Schlüssel zu unserer unbewussten Motivation.
Für alle, die lernen wollen, vermehrt ihren Gefühlen zu folgen, hat Storch ein Training entwickelt. Es basiert auf ihrer langen Erfahrung in der Praxis. Klug zu entscheiden, so Storch, versteht derjenige, der Gefühle und Argumente so unter einen Hut zu bringen weiß, dass kein Konflikt entsteht. Hier Storchs Anleitung zum Einstieg – haben Sie damit langfristig keinen Erfolg, scheuen Sie sich nicht, professionelle Hilfe aufzusuchen:
Machen Sie die Pizza-Probe. Nicht gleich bei der wichtigsten Entscheidung sich rigoros nach den Gefühlen richten. Tasten Sie sich heran, indem Sie sich bei einem Probelauf z.B. im Restaurant mit allen Sinnen vorstellen, wie ein Gericht schmecken wird.
Führen Sie Tagebuch. Versuchen Sie, sich darüber klar zu werden, was bei Ihnen positive und negative Gefühle auslöst. Die Aufzeichnung hilft Ihnen dabei.
Fassen Sie Ihre Motivation in Worte. Ergründen Sie, was die Ursachen für negative Gefühle in bestimmten Situationen sind.
Führen Sie Selbstgespräche. Spüren Sie einen Konflikt zwischen Verstand und Gefühl, so behandeln Sie die beiden inneren Stimmen wie zwei Personen, die versuchen, einen Konsens zu erreichen.»
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*“Blink! Die Macht des Moments“, Campus Verlag, ab 20.6.2005
Quelle: Henning Scheich, Leipniz-Institut für Neurobiologie, Magdeburg
Artikel: FOCUS Magazin, Nr. 24 (2005)